| Gerhard Fieseler 
			wurde am 15.04.1896 in Glesch im Kreis Bergheim bei Bonn als Sohn 
			eines Bonner Buchdruckereibesitzers geboren. Fieseler wechselte 1915 zu den 
			Luftstreitkräften. Bei einem Übungsflug stürzte er ab und musste bis 
			Februar 1916 in einem Hospital verweilen. Danach absolvierte er die 
			Prüfung zum Zweisitzer-Piloten und wurde im Oktober 1916 zur 
			Feldflieger-Abteilung (A) 243 und kurze Zeit später zur 
			Flieger-Abteilung 41 versetzt. Im Mai 1917 hatte er die Prüfungen 
			zum Einsitzer-Piloten bestanden und wurde zur Jasta 25 versetzt.1917 an der mazedonischen Front. Leutnant Rudolf von Eschwege war 
			nicht mehr, aber es war kein Engländer da, der behaupten konnte, er 
			habe den besten deutschen Jagdflieger der Ostfront besiegt. Eschwege 
			war nicht zu ersetzen, aber an einem anderen Abschnitt der 
			Mazedonien-Front war ein anderer, jüngerer Flieger an der Arbeit, 
			sich den Ruf des gefürchtesten deutschen Jagdfliegers auf dem Balkan 
			zu schaffen. Das stetige Wachsen der feindlichen Kräfte im 
			Czernabogen und die Ausdehnung des Kampfgebietes von Vardar nach 
			Westen führte dazu, dass zu den Fl. Abt. 30, 66 und 69 noch die Fl. 
			Abt. 246 (A) trat. Im Winter 1916/17 war auch eine neue Jagdstaffel 
			für diesen Frontabschnitt aufgestellt worden. Es war die Jasta 25 
			unter Oberleutnant Friedrich-Karl Burkhardt. Im Gegensatz zu den 
			hauptsächlich aus Offiziersfliegern bestehenden Jagdstaffeln der 
			Westfront gehörten fast alle Piloten dem Unteroffiziersrang an. Die 
			erfolgreichsten unter ihnen waren der 
			Offizierstellvertreter 
			Reinhard Treptow und der Vizefeldwebel Gerhard Fieseler. Treptow 
			errang bis Kriegsende sechs Luftsiege. Auch Leutnant Otto Brauneck 
			gehörte dieser Jasta an. Jedoch wurde Brauneck am 26.07.1917 mit 10 
			Luftsiege abgeschossen.
 Das überragende fliegerische Können Fieselers aber überragte alle. 
			Hier bereits schuf Fieseler sich die Grundlagen jener meisterhaften 
			Beherrschung des Flugzeugs, die ihm Jahre später den Titel des 
			Welt-Kunstflugmeisters einbrachten. Aus der schweren Zeit des Ersten 
			Weltkrieges sei hier eine Episode berichtet, die wegen der sich viel 
			später ergebenden Folgerungen besonders Interesse verdient.
 Fieseler hatte 
			sich 1918 bereits den Ehrennamen „Tiger“ erkämpft. Die Staffel war 
			von Prilep nach Canatlarzi verlegt worden, wo ihnen französische 
			Jagdflieger gegenüberstanden. Während die Deutschen noch mit ihren 
			alten Albatros D III und D V flogen, verfügten die Franzosen über 
			die neuesten Entwicklungen der Firmen Nieuport und S.P.A.D. Der 
			beste Mann auf der anderen Seite war 
			Leutnant Alfred Fronval. Fieseler war 
			allein zur Front gestartet. Sie waren zu wenig dort unten, um sich 
			Formationsflüge leisten zu können. So überflog er, langsam in die 
			Höhe kletternd, mit seiner blauen Albatros die feindlichen Linien. 
			Aufmerksam suchte er den Luftraum nach allen Seiten ab. Die Luft 
			schien oben rein zu sein. Aber über den deutschen Stellungen sah er 
			die charakteristische Silhouette eines französischen 
			Salmson-Aufklärungsflugzeugs, eskortiert von 3 Spads. Wahrscheinlich 
			schoß der Franzose seine Artillerie ein. Das war gerade das, was 
			Fieseler suchte. Ohne zu zögern, stellte er seinen Vogel auf die 
			Nase und sauste abwärts in Richtung auf die 4 Maschinen. Natürlich 
			wollte er sich den Aufklärer vorknöpfen.  Immer näher 
			kamen die Flugzeuge, er peilte bereits über Kimme und Korn nach der 
			Salmson. Aber instinktiv wandte er sich noch einmal um, um zu sehen, 
			ob hinter ihm die Luft rein war. In diesem Augenblick rutschte ein 
			dunkler Schatten direkt auf ihn zu. Ehe er noch erfasste, was sich 
			ereignete, prasselte ihm schon der ganze Segen aus zwei 
			französischen Maschinengewehren um die Ohren, dass er dachte, seine 
			Kiste würde sofort auseinanderfliegen. Wie ein Automat reagierte er 
			mit einer steilen Linkskurve und stellte aufatmend fest, dass keine 
			lebenswichtigen Teile getroffen zu sein schienen. Aber noch war der 
			Franzose über ihm. Auch dieser lag in einer Kurve, und im 
			auffallenden Sonnenlicht erkannte er die Abzeichen der feindlichen 
			Maschine: Drei Sterne im dunkelblauen Feld. Das musste Alfred Fronval sein. 
			Man kannte sich gegenseitig schon recht gut. Fieseler machte sich 
			auf einen schweren Kampf gefasst. Vor dem Können Fronvals hatte er 
			Achtung; aber dem fühlte er sich gewachsen, doch die Spad seines 
			Gegners war in jeder Hinsicht seiner alten Krähe überlegen. Er hatte 
			nur noch einen Trumpf in der Hand. Er hatte sich zusätzlich zu den 
			beiden starren in Flugrichtung feuernden MGs ein drittes, starr 
			schräg nach oben feuerndes Maschinengewehr einbauen lassen. Es war 
			ein Notbehelf, um die schneller und über 1500 Meter höher steigenden 
			Franzosen von unten angreifen zu können. Die Kurven beider wurden 
			enger, jeder wollte den anderen in den Rücken kommen. In diesem 
			Augenblick merkte Fieseler, dass ihm etwas warm am Bein herunterlief. 
			Ein Blick nach unten! Ihm wurde blitzartig eiskalt. Es war Öl. Die 
			Ölleitung musste bei Fronvals ersten Angriff beschädigt worden sein. 
			Sein Verstand arbeitete auf Hochtouren. Es gab nur eine Möglichkeit: 
			Er musste innerhalb der nächsten Minuten Fronval fassen. Ein 
			Ausbrechen aus dem Todeskarussell, das sie beide flogen, war 
			unmöglich. Sowie er den Versuch machen würde, abzudrehen, würde 
			Fronval hinter ihm sitzen. Dann war es aus! Er stellte die Albatros 
			auf die Flügelspitze und drehte sich beinahe um die Querachse. Einen 
			Augenblick hatte er den Franzosen im Visier. Seine MGs hämmerten in 
			stählernem Stakkato. Einen Augenblick schien ihm, als sei der 
			Franzose getroffen; aber schon lag er wieder ruhig und sicher in der 
			Kurve. Sein Gegner begann bereits unregelmäßig zu arbeiten. Fronval 
			hing schon wieder gut fünfzig Meter höher. Im nächsten Augenblick 
			würde er herunterstoßen. Aber Fieseler wartete vergebens! Fronval 
			stellte zwar seine Maschine auf die Nase und drückte in steilem 
			Sturzflug, den er sich mit seiner stabilen Spad erlauben konnte, 
			nach unten. Der Tourenzähler seiner Maschine zeigte Fieseler, dass 
			es höchste Zeit war, zu verschwinden. Er nahm die Kiste herum und 
			flog in Richtung Canatlarzi ab. Kopfschüttelnd beobachtete er, wie 
			der Franzose seinen eigenen Flughafen anflog und am Horizont 
			verschwand. In diesem Augenblick machte der Mercedes Motor endgültig 
			Feierabend. Aber Gerhard Fieseler schaffte es doch, in ganz flachem 
			Gleitwinkel seinen Flugplatz zu erreichen. Als erster rannte ihm 
			Leutnant Bender, der Burkhardt als Staffelführer abgelöst hatte, 
			entgegen: „Mensch, Tiger, hast du mal wieder Schwein gehabt!“ In 
			seinen Augen sah der „Tiger“ eine solch ehrliche Freude, dass in 
			diesem Augenblick eine Freundschaft entstand, bei der jeder sich auf 
			den andern verlassen konnte. Und Fronval? - 
			Er saß in diesem Augenblick im Verbandszimmer. Der Staffelarzt hatte 
			ihm die Kugeln bereits aus dem Arm herausgeholt, die ihm Fieseler in 
			dem einzigen Augenblick, da er zum Schuß kam, verpasst hatte. 
			Fronval biß die Zähne zusammen, um nicht laut loszubrüllen. 
			Vielleicht weniger vor Schmerzen, als vor Wut. Lebhaft räsonierte er 
			vor sich hin: „Der „Tiger“ hat mir ein schönes Ding verpasst, eh 
			bien?! Malheur maudit! Als ich die Schüsse in den Arm bekam, dachte 
			ich, jetzt wär Feierabend! Ich möchte, sacrébleu, nur wissen, warum 
			er mir nicht nachkam, als ich ausgekniffen bin! Aber ich blutete wie 
			ein Schwein, und dann nur eine Hand zum Steuern und Kämpfen, wenn 
			man diesen Kerl als Gegner hat? Es ist zum -. Endlich kriege ich 
			diesen Boche vor die Läufe, da passiert mir so was! Wenn ich doch 
			bloß wüsste, warum er mich laufen ließ! Sonst schlägt er doch immer 
			ohne Gnade und Barmherzigkeit wie ein echter „Tiger“ zu! Je ne 
			comprend pas cela!“ Es sollten Jahre 
			vergehen, ehe Fronval das Rätsel lösen konnte. Es war im Jahre 1927, 
			als in Zürich zum ersten Male nach dem Krieg die 
			Europa-Meisterschaft im Kunstflug ausgetragen wurde. 
			Fieseler war 
			der einzige deutsche Teilnehmer. Wie es Besiegten zukam, stand die 
			kleine zierliche „Tigerschwalbe“, wie Fieseler die von ihm selbst 
			entwickelte verbesserte Raab-Katzenstein „Schwalbe“ getauft hatte, 
			ganz hinten in der Reihe der teilnehmenden Flugzeuge. Man beachtete 
			Fieseler kaum und gab ihm kaum ein Chance. Was konnten diese 
			lumpigen 110 PS gegen die 5 und 600-pferdigen Militärmaschinen von Breda, Dewoitine, Morane und anderen schon ausrichten? Jetzt sah er 
			Fronval über den Platz kommen und sich zu seiner Maschine begeben. 
			Fronval war der große Favorit des Tages. Fieseler wusste, dass es 
			sein alter Gegner aus dem Krieg war. Fronval wusste es nicht. In 
			diesem Wettbewerb waren sie die beiden letzten. Als der Franzose 
			startete, war Fieseler etwas nervös. Aber in dem Moment, da sich die 
			Startflagge für ihn senkte, war er nur noch Ruhe und Konzentration. 
			Er wickelte sein Kunstflugprogramm mit der Genauigkeit eines Zirkels 
			und einer Stoppuhr ab. Als letzte Figur zeigte er, was noch keiner 
			vor ihm gezeigt hatte: den Looping nach vorn. Es hatte sich 
			klar erwiesen, dass der neue Kunstflugmeister nur Fronval oder 
			Fieseler heißen konnte. Die Preisverteilung sollte erst am Abend 
			stattfinden. Die beiden ehemaligen Gegner standen vor der Verkündung 
			des Ergebnisses eine Weile zusammen, und bei dieser Gelegenheit 
			erfuhren beide, warum sie sich damals gegenseitig verschont hatten. 
			Beide lachten. - Dann kam die Preisverteilung: 
			Fieseler war 
			Europameister im Kunstflug, Fronval Zweiter. Wenige Monate später 
			stürzte Fronval tödlich ab. Fieseler wurde 1934 
			Welt-Kunstflugmeister.Auch als Flugzeughersteller machte sich Fieseler einen Namen. Das 
			Aufklärungsflugzeug, der sogenannte Fieseler Storch, wurde von 
			seiner Firma entwickelt und produziert. Im 2. Weltkrieg war das 
			Flugzeug weit verbreitet.
 
 Gerhard Fieseler 
			starb als 91-Jähriger am 01.09.1987 in Kassel. 
			Sein 
			Name und seine Leistungen sind heute noch als Meilensteine der 
			Luftfahrtgeschichte in aller Welt bekannt. Wir haben ihn 
			nicht vergessen.   Der Verfasser |